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Dienstag, 4. Januar 2011, 22:28

Validation

Zitat von »"Branwen"«

Die Validation ist eine Methode, mit alten, an einer Demenz erkrankten Menschen zu kommunizieren. Die Validation geht davon aus, daß diese Menschen danach streben, die unerledigten Aufgaben ihres Lebens noch aufzuarbeiten. Die Anwender der Validation machen es sich zur Aufgabe, die Menschen dabei zu unterstützen.


Es gelten dabei die 10 Grundsätze der Validation:

*Alle Menschen sind einzigartig und müssen als Individuen behandelt werden.

*Alle Menschen sind wertvoll, ganz gleichgültig, in welchem Ausmaß sie verwirrt sind.

*Es gibt einen Grund für das Verhalten von verwirrten, sehr alten Menschen.

*Verhalten im sehr hohen Alter ist nicht nur eine Folge anatomischer Veränderungen des Gehirns, sondern das Ergebnis einer Kombination von körperlichen, sozialen und psychischen Veränderungen, die im Laufe eines Lebens stattgefunden haben.

*Sehr alte Menschen kann man nicht dazu zwingen, ihr Verhalten zu ändern. Verhalten kann nur dann verändert werden, wenn die betreffende Person es will.

*Sehr alte Menschen muß man akzeptieren, ohne sie zu beurteilen.

*Zu jedem Lebensabschnitt gehören bestimmte Aufgaben. Wenn man diese Aufgaben nicht im jeweiligen Lebensabschnitt schafft, kann das zu psychischen Problemen führen.

*Wenn das Kurzzeitgedächtnis nachläßt, versuchen ältere Erwachsenen, ihr Leben wieder in ein Gleichgewicht zu bringen, indem sie auf frühere Erinnerungen zurückgreifen. Wenn die Sehstärke nachläßt, sehen sie mit dem Inneren Auge. Wenn ihr Gehör immer mehr nachläßt, hören sie Klänge aus der Vergangenheit.

*Schmerzliche Gefühle, die ausgedrückt, anerkannt und von einer vertrauten Pflegeperson validiert werden, werden schwächer.

*Schmerzliche Gefühle, die man ignoriert und unterdrückt, werden immer stärker.

*Einfühlung/Mitgefühl führt zu Vertrauen, verringert Angstzustände und stellt die Würde wieder her.

Entwickelt wurde die Methode der Validation von Naomi Feil.


Quelle: Wikipedia.


Zitat von »"Branwen"«

Warum steht das hier?

Die Validation ist, übersetzt auf geistig gesunde Menschen, eine Methode der Kommunikation, die jeden Menschen in seiner Einzigartigkeit im Erkenntnisprozeß anerkennt.


Zitat von »"Idhun"«

Hi Kattu,

schade ist nur, dass man heutzutage Begriffe wie "Validation" kreieren muss, um (eigentlich) Selbstverständlichkeiten in Gang zu setzen.

Bin mal gespannt, ob ich im Laufe meiner Ausbildung auch auf diesen Begriff stoße.

Fakt ist nur, dass ich selbst das offensichtlich schon praktiziert habe. Als meine Ex-Schwiegermutter einige Wochen vor ihrem Tod so verwirrt wurde, dass sie ständig Wäsche faltete (sie hatte früher eine Heißmangel) und sich in ihrem Kinderzimmer wähnte, habe ich sie dort abgeholt und mit ihr Fotoalben geschaut und dann war ich eben Margot, ihre Schwester, nicht mehr Petra, die Schwiegertochter. Es waren glückliche Momente für sie. Anschließend habe ich ihr eine Geschichte erzählt und sie "schlafen" gelegt, als sei ich ihre Mutter. Sie schlief mit einem glücklichen Lächeln ein. Das wiederholte sich immer wieder bis zu ihrem Tod. Weder meine Schwägerin noch mein Schwiegervater konnten sich darauf einlassen - bei ihnen war Standard-Satz "Schau doch, du bist in deinem Wohnzimmer und ich bin X und ich bin Y." Sie verstand es nicht mehr. Die Söhne haben wenig davon mitbekommen, sie übernahmen immer die Nachtwachen.
Alles in allem hat meine Ex-Schwiegermutter aber einen würdigen Übergang gehabt. Nicht zuletzt deshalb, weil wir alle (!) dabei waren.

Nicht anders gehe ich mit den mir anvertrauten psychisch kranken alten Menschen um - und alt sind sie schon mit 60 teilweise, weil die Krankheit und all die Medikationen mit ihren Nebenwirkungen sie auszehren. Ich hole sie da ab, wo sie stehen. Nehme sie ernst und erweise ihnen den Respekt, den ich jedem Menschen gewähre. Weder die Art der Erkrankung noch der soziale Status noch die finanziellen Möglichkeiten sind ausschlaggebende Kriterien. Allein der Mensch zählt.

Insofern macht es mich immer traurig, wenn ich lese, dass manche Dinge, die selbstverständlich sein sollten, erst mühsam wieder erlernt werden müssen.

Sie sind ja auf uns angewiesen - die Alten und Schwachen. Würden wir unsere Babies verhungern lassen an Liebe, Geborgenheit, Verständnis und Kommunikation? Nein, sicher nicht. Also verbietet es sich von selbst, das mit den Alten zu tun.

Ich finde es schön, dass du das hier angesprochen hast.

Liebe Grüsse,
Petra


Zitat von »"Branwen"«

Zitat von »"Idhun"«

...schade ist nur, dass man heutzutage Begriffe wie "Validation" kreieren muss, um (eigentlich) Selbstverständlichkeiten in Gang zu setzen....

...genau das gleiche dachte ich damals auch in unseren Geriatrie-Vorlesungen. Ist es wirklich so schwer, (alte) Leute einfach in ihrer Welt zu belassen, wenn es ihnen da besser geht, daß darum herum erst eine Therapieform, ein Copyright und mehrere Bücher entstehen müssen?

Ich habe im Laufe der Arbeit mit meinen - zum guten Teil auch noch jungen und sehr fitten - Patienten festgestellt, daß die Validation nicht auf den Umgang mit Alten und Verwirrten beschränkt bleibt. Jeder von uns trägt ja schließlich - im Vergleich zu seinem "ganz anderen" Nebenmann völlig eigene Erlebenswelten mit sich herum - Alzheimer oder Demenz ist da nur der deutlich sichtbare und übersteigerte Ausdruck.
Zwei Wochen lang war ich im Rahmen meines Praktikums in der Charité auf der geschlossenen Psychiatrie eingesetzt. Das Bild, das sich mir am deutlichsten einprägte, war ein junger Mann, der eigentlich "nur" der Meinung war, "mit Gott gesprochen zu haben". Nachdem er austherapiert war, fand ich die Welt ein bißchen ärmer. Ich bin damals böse auf die Nase gefallen, als ich den Stationsarzt gefragt habe, ob er dem Mann das Gegenteil beweisen könne. Ich weiß nicht, wieso so viel Angst existiert, anderen in ihre scheinbar völlig fremden Welten zu folgen.

Der Ansatz der Validation ist es eben, der mir gefällt: Akzeptanz ohne Wertung. Und das nur in ganz kleinem Maße im klinischen Bereich - validieren können wir jeden Tag.
:wink:


Zitat von »"Idhun"«

Zitat von »"Kattugla"«

Der Ansatz der Validation ist es eben, der mir gefällt: Akzeptanz ohne Wertung. Und das nur in ganz kleinem Maße im klinischen Bereich - validieren können wir jeden Tag.
:wink:

Genau so ist es! Aber vielen fällt es schwer, gerade alten Menschen das zuzugestehen, wo sie einem Gleichaltrigen gegenüber nicht mal einen Gedanken dran verschwenden. Denen "mitten im Leben" wird schon nicht selbstverständlich geholfen, aber denen am Ende ihres Weges wird oft noch nicht mal das Gnadenbrot gewährt. :evil:

Zitat

Ich bin damals böse auf die Nase gefallen, als ich den Stationsarzt gefragt habe, ob er dem Mann das Gegenteil beweisen könne. Ich weiß nicht, wieso so viel Angst existiert, anderen in ihre scheinbar völlig fremden Welten zu folgen.

Tja - wie soll ich sagen - es ist vielleicht der Spiegel, den man vorgehalten bekommt, ein sichtbar gewordener Spiegel dessen, was unser Gehirn "kann" und unsere Seele spürt, dessen Anblick aber dem "Gesunden" eine nicht greifbare Angst beschert. Ich hatte das Thema ja schon mal im alten Forum angesprochen.

Mir kommt es manchmal so vor, als ob wir Menschen uns zu unserer eigenen Kontrollinstanz entwickelt hätten - zwanghaft Kontrolle über unser Denken und Handeln auszuüben.

Ich gehe ähnlich offen an die Sache ran wie Du und bin immer wieder entsetzt, WIE teilweise therapiert wird. Gerade bei unseren chronifizierten Alten wird der Termin beim Psychotherapeuten zur 5-minütigen Abfrage, wie es geht. Und dann - schwupps - ist ein neues Rezept ausgedruckt und je nach dem, wie sich der Klient im Gespräch verhalten hat, ist auf der neuen Verordnung die Dosis erhöht worden... Und es sind ja nicht nur die Neuroleptika, sondern auch noch ein ganzer Cocktail von Medies, die ruhigstellen und solche, die die Nebenwirkungen der Neuroleptika eindämmen sollen.

Klar, manche hätten ohne Medies einen enormen Leidensdruck. Aber auch andere, die eigentlich ganz glücklich mit sich und ihrer kleinen anderen Welt sind, werden von diesem Tablettenverteil-Wahn erfasst.

Unsere Aufgabe in dem Job, den ich mache, ist es, helfend und anleitend tätig zu sein, entlastende Gespräche anzubieten und einfach nur ein bisschen Sonne in die vielen einsamen Leben zu bringen.

Na ja, war vielleicht jetzt ein bisschen OT - aber nur ein bisschen. *lol*

Validation täglich und überall - einfach so - ja das wäre schön. :)

Petra


Zitat von »"achsartagg"«

Eure Beispiele mit dem Mißbrauch von Psychopharmaka , dem jungen Herren der nur meinte mit Gott gesprochen zu
haben und deshalb einer kompletten psychatrichen Therapie unterworfen wurden, begreife ich zum Teil als - leider- typisch für die Verhältnisse in Deutschland. Das es vielversprechende Ansätze und funktionierende Beispiele z.B. für offene und akzeptierende Psychatrie gibt, wird komplett aus dem öffentlichen Bewußtsein ausgetilgt.
Stattdessen gibt es den Zwang zu Vereinheitlichung, der eben auch bezogen auf das individuelle Seelenleben durchgesetzt werden soll, andererseits werden Patienten , nicht nur der Psychatrie, zu Opfern der Gewinninteressen der Pharmaindustrie deklassiert. (dressiert)
Meine Frage ist jetzt inwieweit ist es möglich im Sinne der geforderten generellen Validation Veränderungen zu bewirken ohne die herrschenden Verhältnisse grundlegend zu ändern. Oder macht man sich durch Mitarbeit innerhalb dieses Systems zum Mittäter ?
Das war nämlich mein Eindruck als ich im Rahmen des Zivildienstes innerhalb der Altenhilfe innerhalb eines Heims als Vollzeitkraft mißbraucht werden sollte.

grüße,

achsartagg


Zitat von »"Idhun"«

Es gibt so etwas - die SOTERIA. Hier der Auszug eines Textes aus der Internetseite der Soteria Bern:

Das griechische Wort "Soteria" bedeutet soviel wie "Geborgenheit", "Rettung" und wurde in den siebziger Jahren als Name für ein erstes sogenanntes "Soteria-House" in San Francisco gewählt, in dem Menschen mit akut-psychotischen Störungen auf neuartige Weise behandelt wurden.

Anstelle der damaligen dämpfenden neuroleptischen Medikamente und Zwang in einer grossen psychiatrischen Klinik tritt in Soteria in erster Linie eine verständnisvolle mitmenschliche Präsenz und Begleitung durch die psychotische Lebenskrise in einer möglichst normalen, entspannenden und kleinräumigen Umgebung.

Die Begleitforschung erbrachte den Nachweis, dass psychotische Störungen sich in einem solchen Milieu mit vergleichsweise sehr viel weniger Medikamenten ebenso gut zurückzubilden vermögen als in einer traditionellen Klinikbehandlung.

Aufgrund dieser und anderer Erkenntnisse realisierte eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. med. Luc Ciompi ab 1984 in Bern die Soteria Bern als milieutherapeutische Institution zur Behandlung akuter Psychosen.

Von einer Forschungsgruppe der Sozialpsychiatrischen Universitätsklinik in den neunziger Jahren durchgeführte Vergleichsuntersuchungen konnten die US-amerikanischen Beobachtungen bestätigen.

Heute ist die Soteria Bern fester Bestandteil der psychiatrischen Versorgung.

Standort ausserhalb der Klinik, intensive Milieutherapie und niedrig dosierte Medikamente kennzeichnen das therapeutische Angebot.


Ich habe die Studie über das Bern-Projekt verschlungen, denn das Konzept ist einleuchtend und entspricht der Wertschätzung des Menschen in höchstem Maße. Leider ist es ein sehr personal- und kostenaufwändiges Konzept, so dass z.B. in Köln ein ebensolches Projekt (sorry, mir fällt der Name nicht ein) sich nicht halten konnte.

Wer mehr wissen möchte: Soteria Bern


Zitat von »"swanhildja"«

Zitat

Eure Beispiele mit dem Mißbrauch von Psychopharmaka , dem jungen Herren der nur meinte mit Gott gesprochen zu
haben und deshalb einer kompletten psychatrichen Therapie unterworfen wurden, begreife ich zum Teil als - leider- typisch für die Verhältnisse in Deutschland.

Äh, da muß ich Dir widersprechen, Tomi. Die Naomi Feil ist Amerikanerin und der Grund weshalb sie diese Methode fand ist eine sehr taurige. Dabei geht es eben um das Unverständnis der Umgebung für die Bedürfnisse der alten Menschen.
Ich habe Valitation im Rahmen meiner Altenpflegeausbildung kennen und schätzen gelernt.
Von den Pflegern wird sie nicht gerne praktiziert, was sehr schade ist, weil das Ganze zeitaufwendig ist.
Aber, wie schon oben gesagt, kann Validation, nach einer Einweisung, von jedem praktiziert werden. Und das auch außerhalb der Klinik. Und das beste ist, daß es sehr wohl funktioniert.

swanie