Er liebt mich,
und er liebt mich nicht ...
Wer sieht dein trauriges Gesicht?
Wer fühlt den Schmerz,
den du mußt ertragen?
Bei einer Rose würde man sagen:
"Wie kann man nur,
die schöne Blüte?"
Doch keinem geht wohl zu Gemüte,
daß du auch eine Blume bist
und es um dich genauso schade ist.


von Annegret Kronenberg




Ob Angerbleamerl, Augenblümchen, Herzblümli, Himmelsblume, Maiblume, Marienblümchen, Mairöserl, Massliebchen, Mondscheinblume, Morgenblume, Osterblume, Regenblume, Sonnentürchen, Tausendschön, Wundkraut – das kleine Pflänzchen, das diesmal zur Wahl zur Wahl Pflanze des Monats antritt, hat viele Namen.

Heutzutage hat das Bellis sich durch viele Zuchtformen in den Gärten und Schalen verbreitet.
Doch hat es das Gänseblümchen wirklich nötig, künstlich aufgepeppt zu werden?

Schon den alten germanischen Stämmen verkündete sein blühen die Anwesenheit des Sonnengottes Baldur und vertrieb kurzzeitig Kummer und Leid.
Als Orakelpflanze kündete es zum Beispiel davon, das nach trüben Wetter die Sonne wieder scheinen würde. Und wer entsinnt sich nicht dem alten Spiel „Er liebt mich – er liebt mich nicht – er liebt mich…“? (Nimm ein Blümchen zur Hand, fokussiere deine Frage, und zupf im Ja-Nein-Wechsel ein einzelnes Blütenblättchen; mit dem letzten Blatt wirst du deine Antwort erhalten) Mit diesem "Messen" konnte man auch die kommende Witterung erfahren (Schnee, schiach), den künftigen Beruf oder Stand (Edelmann, Bettelmann, Bürger, Bauer... oder wohin man dereinst kommt (Himmel, Fegefeuer, Hölle).
Auch die gelben Scheibenblüten dienten als Orakel: In die Luft geworfen, gibt ihre Zahl an, wie viele Kinder man bekommt oder wieviele Jahre bis zur Hochzeit vergehen.

Aber nicht nur Baldur, sondern auch die großen Göttin in ihrer Erscheinung als Freya oder Ostara wird mit der Maiblume verbunden.
Derweil war das Massliebchen anscheinend bei den alten keltischen Stämmen Sinnbild für die Nahrung der Gänse. Dabei wird die Grosse Göttin zur kosmische Gänsemagd, die die Gänse (als Synonym für Seelen) am Morgen (Frühling) auf den Anger (Dorfplatz) und abends (Herbst) wieder in den dunklen Stall führt.

Selbstverständlich hat das Christentum auch hier mitver(un)staltet und das Pflänzchen Maria zugeordnet.

Mitte des 18. Jahrhundert wuchs die Ansicht, dass dies Pflänzchen zum Abtreiben dienen könne – Infolge dessen wurde es verteufelt und vehement bekämpft.

Dabei kann sich seine Heilkraft durchaus sehen lassen.
Denn die Röhrenblüten enthalten Saponine, Ätherische Öle, Bitterstoffe, Gerbstoffe und Schleim; in den Blüten wurde das Apigenin-7 Glucosid Cosmosiin nachgewiesen. (Glusoside ist ein Zuckerersatzstoff.)

Damit gilt das Gänseblümchen als auswurffördernd, blutreinigend, entzündungshemmend, harntreibend, schweißtreibend, tonisch und wundheilend beschrieben.
In alten Kräuterbüchern wird es als ein appetitanregendes, krampfstillendes und wundheilendes Mittel, gegen Hautflecken und Entzündungen der Leber wie überhaupt bei innerlicher Hitze (Lonicerus) empfohlen. Außerdem als auswurfförderndes Mittel bei Husten und bei starken und schmerzhaften Menstruationsblutungen.

Im Mittelalter nutzte man Gänseblümchensalat zu Stuhlregulierung.
Die Homöopathie setzt bellis perennis mit niedrigen Potenzen bei Krankheiten ein, welche sich besonders im Kapillarsystem des Körpers auswirken.

Die frischen zerstoßenen oder gequetschten Blätter und Blüten dienen äußerlich der Wundbehandlung und wirken schmerzlindernd bei Quetschungen und Verstauchungen. Der Stengelsaft soll bei Hautunreinheiten helfen (Akne).

Und wer nun neugierig geworden ist: das kleine Blümchen ist natürlich auch eine vitamin- und mineralstoffhaltige Zutat für einen Wildkrautsalat; kann wie Spinat oder als Suppe gekocht - oder auch die Blütenknospen in Essig eingelegt zu „deutschen Karpern“ werden.