Der Feigenbaum ist ein Baum mit einer alten Kulturgeschichte.

Der älteste Feigenbaum steht in einem Garten auf Sizilien, doch wenn man den Weg der Früchte zurückverfolgt, landet man in Kleinasien. Von den Assyrern wurde sie schon vor 5000 Jahren in Kultur genommen und seitdem als Nahrungs- und Nutzpflanze angebaut.

Von den Heimatländern Syrien, Persien, Kleinasien, Griechenland und Nordafrika aus breitete sich die Feige in fast alle tropischen und subtropischen Gebiete der Erde aus.

Davon berichtet neben der hellenistischen Mythologie auch die Geschichte von Barisch und Lydia, die man zuweilen in der türkische Provinz Aydin hören kann:

Barisch und Lydia waren einander treue Spielgefährten, von den ersten Tagen ihrer Kindheit an. Sie wuchsen heran und mit ihnen die Liebe, die sie füreinander empfanden. Doch als die Zeit zum Heiraten kam, war Lydia einem anderen versprochen. Das Mädchen stritt und schrie, weinte und bettelte, doch Lydias Vater blieb hart. Eine Heirat mit Barisch aus einfachem Hause kam nicht in Frage.
Lydia hatte im Herzen nur die Liebe zu Barisch. Sie verweigerte die Hochzeit und ihr Vater sperrte sie in einen hohen Turm. So würde sie schon eines Tages ihren Sturkopf vergessen. So saß sie nun tagein tagaus und weinte bittere Tränen. An nichts anderes konnte sie denken als an den Geliebten. Ihre Tränen flossen den Turm herunter und befeuchteten die Erde um ihn herum.
Langsam fielen die Blätter von den Bäumen, dann kam der Winter und bald darauf das Frühjahr. Lydia weinte und weinte. Als der Sommer kam, erblickte man einen kleinen Baum an der Stelle, wo Lydias Tränen geflossen waren. Schon im nächsten Jahr trug der Baum Früchte, die rochen so süß und lieblich und trugen den Duft in die Ferne…
Davon angelockt kam Barisch zu der Stelle und erblickte seine Lydia. Der Vater gab endlich nach und willigte in die Liebe ein. Doch er stellte eine Bedingung: Beide mussten die Früchte essen. Am Tag ihrer Hochzeit und von da an jeden Tag.
Die Jahre vergingen, und mit ihnen die Liebe, die sie füreinander empfanden. Barisch aß seine Feige jeden Tag, er konnte die Blicke von anderen Frauen nicht lassen. Lydia verlor ihre Schönheit und so lebten sie nebeneinander und hatten den Traum ihrer Jugendliebe verloren. Sie wußten nicht, dass sie vom Baum der Erkenntnis gegessen hatten, wie schon zuvor Adam und Eva. Lydias Vater sah dies mit Befriedigung und er dachte: das Einzige, was den Feigen offen steht, ist die Ehe.

So wurde der Feigenbaum zum „Baum der Erkenntnis“ und von nun an bei jeder Hochzeit angepflanzt. Denn die Feige gilt als Symbol für Wohlstand und Fruchtbarkeit und spielte im Altertümlichen Mittelmeerraum eine wichtige Rolle für die Ernährung.

Buddha soll unter einem Feigenbaum erleuchtet worden sein.

Im antiken Griechenland wurde die Feige mit aphrodisischen Eigenschaften besetzt und weil er den Baum entdeckt haben soll, dem Gott Dionysos geweiht. Bilder des Gottes wurden daher oft aus Feigenholz geschnitzt, auch die großen Phalli für die Dionysos-Prozessionen.
Andere glauben, Demeter, die Göttin der Fruchtbarkeit, habe ihn zuerst nach Griechenland gebracht. Eine dritte Darstellung behauptet, er sei aus Jupiters Blitz entstanden.
Die Athener waren einer Anekdote Plutarchs zufolge auf ihre Feigen so stolz, dass sie die Ausfuhr verboten.

Auch die Römer besetzen die Feige überwiegend positiv.
Sie schnitzen aus dem Holz Figuren des Gottes Priapus - Sohn des Dionysos und der Aphrodite. Er galt als Gott der Fruchtbarkeit und erschien als Beschützer von Vieh, Bienen, Fischen und Früchten.
Oder Berichten davon, dass die Zwillinge Romulus und Remus von der Wölfin unter einem Feigenbaum gefunden und gesäugt worden sind.
Vielleicht ergab sich daraus der Brauch, am Forum Romanum – dem Zentrum des politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und religiösen Lebens - einen zweiten ruminalischen Feigenbaum zu Pflegen, der das Schicksal Roms verkörperte. Jedes Mal, wen der Baum abstarb wurde er von den Priestern neu angepflanzt.
Die Feige gehörte hier aber auch zu den Geschenken, die man sich am Feste des Janus gegenseitig machte, um anzudeuten, dass im neuen Jahr kein trauriges Ereignis erlebt werden möge.

Das Bild der Feige wurde schließlich mit dem Ausbreiten des Christentums entzwei gespalten. Einerseits steht die Frucht im Alten Testament für Frieden und Wohlstand und ist auch in der Bibel die erste namentlich erwähnte Pflanze – doch hier steht das Feigenblatt für schamhafte Verhüllung. Den nachdem Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis gegessen hatten, wurden sie sich ihrer Nacktheit bewusst und Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz.
Eine andere Mutmaßung nennt die Feige seit dem 4. Jahrhundert als den Baum, an dem sich Judas erhängt hat.
Bekannt ist auch das Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum. Sie wird gelegentlich statt des Apfels als der Baum der Erkenntnis aus dem Paradies angesehen.
Die Feigenfrucht ist Sinnbild für das weibliche Geschlecht, Feigenholz wurde bevorzugt verwendet zum Schnitzen des kultischen Penis. Somit kommt die sexuell geprägte Symbolik der Feige zu ihren negativen Zügen.

Neuzeitlich gibt es in Südeuropa die Geste „jemandem die Feige zeigen“, bei der man den Daumen zwischen Zeige- und Mittelfinger schiebt. Die Geste dient nicht nur der Zurückweisung einer Zumutung, sondern auch der Abwehr aller möglichen Übel wie Behexen, Verschreien und dem bösen Blick.

In Wien ist "Mit der Feig’n hausieren" ein volkstümlicher Ausdruck für Prostitution, ein Schürzenjäger gilt als "a Feigen-Tandler".

Feigen haben den höchsten basischen Wert aller Lebensmittel. Sie sind daher hervorragend zur Neutralisation von Säure bildenden Lebensmittel.
Sie sind reich an Fruchtzucker, Ballaststoffen und essentielle Mikronährstoffe wie Zink und Selen. Sie enthalten Pektine, die für Magen und Darm heilsam sind; ebenso Flavonoide (krebsvorbeugend); Eiweiß, Kalzium (Knochen), Kalium (Muskeln, Nerven), Phospor, Eisen (Blut) und Vitamin A und B.

Die nahrhafte Trockenfrucht hilft bei Müdigkeit, Leistungsschwäche, Antriebsarmut und stärkt die geistige Konzentration. Der hohe Magnesiumgehalt wirkt Stress abbauend und herz- und kreislauf stärkend. Die ganze Frucht blutreinigend und verdauungsfördernd.

Früher dienten kleingeschnittene und geröstete Feigen als Kaffee-Ersatz.
Heutzutage werden sie meist roh als Zwischenmahlzeit verzehrt. Oder sie verleihen Brot, Salat, Müslis, Backwaren; als Vorspeisen, Hauptgerichten und Desserts eine süß-pikante Note.